InnenkanÀle effizient und automatisiert bearbeiten

- ZurĂŒck zur Übersicht

Additive Manufacturing ermöglicht die Integration konturnaher KĂŒhlkanĂ€le in Bauteile. FĂŒr die automatisierte Nachbearbeitung (Entfernung von Restpulver und GlĂ€tten) der InnenflĂ€chen dieser KanĂ€le fĂŒhrten die Fachbereiche Maschinenbau und Chemische Verfahrenstechnik des Politecnico Milano zusammen mit Rösler Italiana S.r.l. eine Untersuchung mit den Verfahren Gleitschleifen, Sandstrahlen sowie chemisch unterstĂŒtztes Gleitschleifen durch. Die Studienergebnisse zeigen, dass mit allen drei Verfahren eine deutliche Verbesserung der OberflĂ€chenqualitĂ€t erzielt wird.

Mit Additive Manufacturing (AM) lassen sich Teilegeometrien herstellen, die mit konventionellen Fertigungsverfahren nicht realisierbar sind. Mit dieser neuen Technologie lassen sich Bauteile mit komplexer Formgebung, integrierten Funktionen und konturnahen KĂŒhlkanĂ€len fertigen. Diese Eigenschaften von AM sind unter anderem fĂŒr den Werkzeugbau, die Hydraulik sowie die Luft- und Raumfahrt von großem Interesse. Insbesondere im Werkzeugbau bietet die Integration von KĂŒhlkanĂ€len Vorteile, denn Temperaturschwankungen beispielsweise wĂ€hrend des KĂŒhlzyklus erhöhen die Gefahr, dass sich Teile verziehen. DarĂŒber hinaus lassen sich die KĂŒhlzykluszeiten durch eine konturnahe KĂŒhlung deutlich reduzieren.

Selektives Laser Melting – optimal aber mit hoher OberflĂ€chenrauheit
FĂŒr die Herstellung von Teilen im Werkzeugbau ist das Selektive Laser Melting (SLM) das Verfahren der ersten Wahl. Durch das selektive Aufschmelzen der Pulverschichten mit einem Laserstrahl entsteht ein verfestigtes und nahezu dichtes WerkstĂŒck. Herausforderungen liegen jedoch einerseits in der Entfernung von Pulveranhaftungen aus den KĂŒhlkanĂ€len, andererseits in der verfahrensbedingten rauen OberflĂ€che der Teile, die Ra-Werte zwischen 10 und 20 ”m aufweist. Sowohl die hohe OberflĂ€chenrauheit als auch die Ablagerungen in den KanĂ€len beeintrĂ€chtigen die FunktionalitĂ€t der Bauteile – Reibungsverluste und Turbulenzen, DruckabfĂ€lle im System, gelöste Partikel, die andere GerĂ€te beschĂ€digen können. Da die InnenflĂ€chen komplexer Bauteile mit integrierten KavitĂ€ten durch eine konventionelle Bearbeitung nicht erreicht werden können, sind hier neue Nachbehandlungsverfahren erforderlich. Die Wahl des richtigen Verfahrens fĂŒr die OberflĂ€chenbehandlung hat damit entscheidenden Einfluss auf die Lebensdauer der Komponente und die Effizienz des Systems. Eine Alternative zur Bearbeitung der Außen- und InnenflĂ€chen additiv gefertigter Bauteile stellt die Gleitschlifftechnik dar. In diesem Prozess werden die WerkstĂŒcke in einer Gleitschliffanlage in speziell abgestimmten Medien und Compounds eingetaucht. Die Vibration des ArbeitsbehĂ€lters fĂŒhrt zu einer kreisförmigen Bewegung der WerkstĂŒcke, gleichzeitig werden die OberflĂ€chen der Teile durch die Medien geschliffen und so die gewĂŒnschte OberflĂ€chenqualitĂ€t hergestellt.

Effiziente Bearbeitung der InnenkanaloberflÀchen dank Gleitschlifftechnik
Um verschiedene Verfahren, unter anderem die Gleitschlifftechnik, zur Bearbeitung der Außen- und InnenflĂ€chen additiv hergestellter WerkstĂŒcke bewerten zu können, fĂŒhrten die Fachbereiche Maschinenbau und Chemische Verfahrenstechnik des Politecnico Milano (Italien) zusammen mit Rösler Italiana S.r.l. eine Studie durch. DafĂŒr erfolgten Untersuchungen von Teilen mit verschiedenen Geometrien und InnenkanĂ€len mit unterschiedlichen Durchmessern (3; 5; 7,5 und 10 mm) mit den BearbeitungsansĂ€tzen Gleitschleifen, Sandstrahlen sowie chemisch unterstĂŒtztes Gleitschleifen. Die Ergebnisse zeigen eine große Ähnlichkeit zwischen Gleitschleifen und Sandstrahlen. Mit beiden AnsĂ€tzen wurden die Rauheitsspitzen zuverlĂ€ssig beseitigt und ein vergleichbares Rauheitsprofil erreicht. Die besten Ergebnisse wurden mit dem chemisch unterstĂŒtzten Gleitschleifen erzielt. Die Teile wiesen die glatteste OberflĂ€che sowie das beste Rauheitsprofil auf. Mit diesem Verfahren wurden mit Ra-Werten von 0,7 ”m die niedrigsten Rauheitswerte in kĂŒrzester Zeit erreicht. Festgestellt wurde auch, dass die endgĂŒltigen Rauheitswerte im vertikalen und horizontalen Kanal sehr Ă€hnlich sind.

Insgesamt wurde die Wirksamkeit der Gleitschlifftechnik auf den inneren KanaloberflĂ€chen ohne Änderung der Kanalform bestĂ€tigt. Die Analysen zeigten, dass die behandelten OberflĂ€chen frei von Spritzern und losen Pulvern waren. Mit allen drei Verfahren wurde eine Verbesserung der Rauheitswerte in den innenliegenden KanĂ€len erzielt, wobei das chemisch unterstĂŒtzte Gleitschleifen sowohl vom Ergebnis als auch dem Zeitaufwand am effektivsten war.

Vollautomatische Bearbeitung in einer Maschine
DurchgefĂŒhrt wurden die Untersuchungen auf einer Weiterentwicklung des Anlagentyps M3 von AM Solutions. Dabei handelt es sich um eine Marke der Rösler Gruppe, die sich u.a. auf das Post Processing 3D-gedruckter Teile spezialisiert und entsprechende Maschinenlösungen anbietet. Diese decken vom Auspacken, Entpulvern, Entfernen von StĂŒtzstrukturen, Homogenisieren bzw. GlĂ€tten der OberflĂ€che, (Hochglanz-)Polieren und der oberflĂ€chenvorbereitung, z.B fĂŒr eine nachfolgende Beschichtung, das gesamte Spektrum der Nachbearbeitung additiv gefertigter Teile ab.
Die Weiterentwicklung der bestehenden M3 Anlage ermöglicht es, zukĂŒnftig nicht nur InnenkanĂ€le effektiv und gezielt zu bearbeiten, sondern sie ist gleichzeitig das erste vollautomatisierte System fĂŒr die prozesssichere Bearbeitung additiv gefertigter Bauteile ohne manuellen Aufwand. Das Teilehandling fĂŒr die Ein- und Ausgabe der Bauteile kann mit einem Roboterarm ebenfalls automatisiert werden. Die genau angepasste Dosierung von Schleifmedium und Compound in die Anlage erfolgt automatisch ĂŒber ein BefĂŒllsystem ebenso wie der Start des Prozesses. Angepasst an die OberflĂ€chenanforderungen können mehrere Schleif- und Polierprozesse nacheinander geschaltet durchgefĂŒhrt werden. Nach der automatischen Entleerung der Verfahrensmittel aus dem ArbeitsbehĂ€lter wird das Bauteil ausgespannt. Falls erforderlich, kann optional ein Reinigungs- und Trockenprozess ebenfalls automatisiert erfolgen. Das Teilehandling dafĂŒr lĂ€sst sich ebenso wie fĂŒr die Übergabe an den nachfolgenden Prozess automatisieren. Die Anlagensteuerung ermöglicht, mehrere teilespezifische Bearbeitungsprogramme zu hinterlegen. Die an unterschiedliche Teile angepassten Prozessparameter werden einfach mit einem Tastendruck oder einer WerkstĂŒckerkennung ausgewĂ€hlt.

Die automatisierte Nachbearbeitung additiv gefertigter Bauteile – auch in schwer zugĂ€nglichen WerkstĂŒckbereichen, die bisher nicht oder nur mit einem sehr hohen manuellen Aufwand bearbeitet werden konnten – ermöglicht erhebliche Zeit- und Kosteneinsparungen und fĂŒhrt somit zu einer deutlich erhöhten Wirtschaftlichkeit.